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Höher, Höher, Höher - Wenn der „Traum vom Fliegen“ zum Alptraum wird

Piloten müssen eine umfangreiche und harte Ausbildung durchlaufen, bevor sie ans Steuer gelassen werden. Sie haben unendliche Sicherheitstrainings zu absolvieren und werden auf alle Eventualitäten vorbereitet. Doch was zwei Piloten einer amerikanischen Airline in 4 Kilometer Lufthöhe beim Anflug auf den Los Angeles Airport passierte, das war dann doch zu viel. Ganz leise raunte der Chefpilot seinem Co-Piloten zu: „Jetzt mal ganz ruhig, Kollege. Du glaubst nicht, was ich gerade sehe …!“

 

Was ihm soeben ins Gesichtsfeld geflogen war verdiente wirklich den Namen „Unbekanntes Flug Objekt“. Es sah aus wie die Überbleibsel einer riesigen Geburtstagsparty. Und fast hätte er an Gasballons mit unzähligen Grußbotschaften eines Kindergeburtstags geglaubt, wäre da nicht dieser Mann gewesen, dessen Liegestuhl unter den Ballons befestigt war und der alles andere als glücklich aussah.  Und hier ist die ganze Geschichte:

 

Der „Traum vom Fliegen“ hat seit tausenden Jahren Menschen zu den verrücktesten Handlungen geführt. Auch Larry Walters gehörte zu dieser Gruppe, denen die Welt viel zu klein ist, es sei denn, man kann sie mal von oben betrachten. Der 1949 in Los Angeles geborene Amerikaner wollte als Jugendlicher Pilot bei der United States Air Force werden, was aber aufgrund seiner äußerst schlechten Sehkraft, nicht verwirklicht werden konnte. Trotzdem kam Larry in seinem Leben ziemlich weit rum, denn er wurde Truck-Fahrer. Und wenn er nach seinen Reisen in seinem kleinen Garten den Flugzeugen zuschaute, erfasste ihn regelmäßig die „große Sehnsucht“.

 

Eines Tages hielt er es schließlich nicht mehr aus und machte sich ernsthafte Gedanken, wie er seinen Traum doch irgendwie verwirklichen konnte. Und weil Larry ein bisschen verrückt war und offensichtlich keine Angst vor gar nichts hatte, ließ er seiner Kreativität freien Lauf und kam schließlich auf eine außergewöhnliche Idee: Ein Stuhl aus Aluminium, eine Flasche Limonade, ein paar Sandwiches und jede Menge mit Helium gefüllter Wetterballons sollten den Traum zur Wirklichkeit werden lassen. Und weil er nicht so ganz auf den Kopf gefallen war, überlegte er sich auch, wie er seinen Ausflug dann beenden wollte: CB-Funkgerät und eine Pellet-Pistole. Als er dann am 2. Juli 1982 mit seinen 45 Ballons zu seinem Ziel, der Mojave-Wüste, aufbrach, passierte etwas, womit er nie gerechnet hatte.

 

Larry ging „richtig ab“ – und zwar in über 4 Kilometer Höhe. Und hier kommt es zur bereits beschriebenen Begegnung mit den beiden ungläubig schauenden Piloten der amerikanischen Verkehrsmaschine. Larry wurde auf seinem unverhofften Höhenflug doch langsam nervös, hatte er doch den „Point of No Return“ schon lange verpasst. Würde er jetzt wie geplant einen Ballon nach dem anderen mit seiner Pistole abschießen, konnte er nicht mehr sicher sein, ob er auch wirklich unbeschadet wieder auf die Erde zurückkehren würde.

 

Ballons überm Kopf, Angst im Herzen

 

Seine Angst dauerte genau 45 Minuten und dann war ihm offensichtlich die Nahrung ausgegangen und die Limo war getrunken. Er nahm sein Herz und seine Pistole in beide Hände, knallte die ersten Ballons ab und erlebte ein „Wunder über den Wolken“. So bescheuert sein Plan auch gewesen war, er funktionierte. Und so schwebte „Lawn Chair Larry“, wie er später genannt wurde, langsam dem „Boden der Tatsachen“ entgegen.

 

Doch damit nicht genug Publicity, es sollte noch besser kommen: Auf seinem Weg nach unten rächte sich ein kleiner Denkfehler, der ihm in seinen Planungen unterlaufen war. An Verpflegung hatte er gedacht, aber nicht an eine geeignete Lenk-Vorrichtung. Und so verhedderte sich sein selbstgebasteltes Fluggerät in den Stromleitungen von Long Beach – was zu einem 20-minütigem Stromausfall in der gesamten Gegend führte. Aber was tut man nicht alles für die eigene Berühmtheit und „ein bisschen Spaß“.

 

Lawn Chair Larry wollte aus seinem landesweiten Ruhm später Kapital schlagen, kündigte seinen Job als Truck-Fahrer, um seine Geschichte in Talk-Shows und Events zum Besten zu geben. Das gelang nur am Anfang. Glücklich wurde Larry nicht.

 

Leider beendete er 1993 sein Leben durch Selbstmord. Seinen berühmten Gartenstuhl hatte er bereits kurz nach seinem Wahnsinns-Flug einem Jungen aus der Nachbarschaft geschenkt, der ihn später an das „San Diego Air und Space Museum“ für eine Ausstellung vermachte.

 

Geblieben ist der Stuhl und die Erkenntnis, dass es selbst für Piloten Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die sie „einfach nicht glauben können“.