Christ sein in Krisen-Zeiten (18)
Die Situation in der Welt legt sich langsam wie eine lähmende Glocke über unser Leben. Mir begegnen immer mehr Menschen, die nicht nur die Nase voll haben von Corona-Themen und -Maßnahmen, sondern immer mehr verstehen einfach die Welt nicht mehr. Ich glaube, was wir jetzt am meisten brauchen, ist Trost. Und neue Energie. Am besten beides! Mehr dazu hier:
Kreuzworträtsel-Fans wissen es sofort: „Trostspendende Geste mit acht Buchstaben“? – „Umarmung“. Trostkarten gibt es viele, aber meistens nur als Trauerkarten. Doch es gibt so viele Situationen, in den wir „nicht ganz bei Trost“ sind und ihn deshalb besonders brauchen:
Zum Beispiel, wenn wir einfach entmutigt sind. Oder wenn wir mit Fehlern anderer Menschen (und vor allem) mit unseren eigenen konfrontiert werden.
Wir brauchen auch Trost, wenn sich Hoffnungen nicht erfüllt haben. Wenn uns etwas misslungen ist.
Vielleicht sind wir auch ungerecht behandelt worden, zurückgesetzt worden oder man hat uns übergangen.
Beziehungen sind in die Brüche gegangen oder trotz intensiver Bemühungen nicht entstanden.
Andere wiederum sind von einer Krankheit heimgesucht worden, die das Leben auf einmal komplett verändert.
Bilder – wie wir sie heute täglich in den Nachrichten sehen müssen – machen uns fertig. Wir verstehen die Welt nicht mehr und erleben die Ungerechtigkeit. Mir zerreißt es zum Beispiel fast das Herz, wenn ich die Mütter mit ihren kleinen Kindern sehe, die aus der Ukraine fliehen müssen, ihre Ehemänner, aber vor allem ihre Väter zurücklassen müssen, ohne zu wissen, ob es ein Widersehen geben wird oder nicht.
Viele Menschen müssen in ihrer Einsamkeit getröstet werden, weil sie einfach allein sind – und ihr Leben allein bewältigen müssen.
Jeder von uns kann diese Liste jetzt sicher für sich persönlich weiterführen. Es gibt in unserem Leben so viele Zeiten, in denen wir Trost brauchen. Wo wir jemanden brauchen, der seine Arme um unsere Schultern legt oder uns in den Arm nimmt. Uns tröstet.
Wer ist heute nicht trostbedürftig? Im täglichen Kampf mit Umständen, anderen Menschen und mit uns selbst, nehmen wir immer wieder unterwegs Schaden und brauchen jemanden, der das erstmal erkennt – und uns tröstet.
Woher kommt der Trost? Und wie sieht er aus?
„Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen“, sagt ein Sprichwort aus Afrika. Unser Trost muss von außen kommen.
Die Bibel ist voller tröstender Worte. Ein paar Beispiele:
Matthäus 5,4: „Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.“
Psalm 118,5: „In der Angst rief ich den Herrn an; und der Herr erhörte mich und tröstete mich“
Römer 15,5: „Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht.“
In 2. Korinther 1, 3-4 heisst es:
„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Bedrängnis, damit wir auch trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.“
Wie tröstet Gott?
Zum Beispiel durch seinen Heiligen Geist, der – wie Jesus es in Johannes 14,26 gesagt hat: „… uns alles lehren und uns an alles erinnern wird, was Jesus uns gesagt hat.“
Der Heilige Geist wird als „Paraklet“ bezeichnet, was eigentlich „Helfer“ oder auch „Führsprecher“ bedeutet. Martin Luther hat es ihn als „Tröster“ übersetzt, einer „… der für immer bei euch bleiben soll“.
Die Gegenwart des Heiligen Geistes besonders in trostlosen Zeiten zu fühlen und uns bewusst zu machen, führt uns in die Gegenwart Gottes und damit an den Platz, wo Trost zu finden ist.
Auf meinem Facebook-Account habe ich meine Freunde gefragt: Was tröstet euch? Wo findet Ihr Trost?
Ein Theologe schrieb mir: „Hilfreich finde ich den Verweis ins Englische zu dem Wort „Consolation“. Frei übersetzt heisst das: „niemand soll allein sein“. Einsamkeit schmerzt mehr als körperliche Schmerzen. Die Angst der Menschen ist: allein sein, und das nicht nur beim Sterben“.
„Ich lasse euch nicht allein“, sagte Jesus zu seinen Jüngern. Er sagt es auch zu uns! Ihr habt mit dem Heiligen Geist einen Fürsprecher, Helfer und Tröster. Wer sich allein fühlt und sich an Gott wendet, kann darauf bauen: Bist du allein, ist Gott immer noch zu dritt. Das ist das Coole an der Trinität.
Wie tröstet Gott?
Gott spricht: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jesaja 66, 13)
Wie eine Mutter. Natürlich! Wer könnte besser trösten als die Mütter. Ich finde es tröstlich, dass Gott uns in der Bibel nicht nur als kreativer Schöpfer, gerechter Richter, unaussprechlich Heiliger vorgestellt wird, sondern auch als eine liebende Mutter. Wer an der Hand einer Mutter geht, ist nicht allein. Und das ist keine Ver-Tröstung, sondern erlebte Realität.
Wie tröstet Gott?
Er tut es auch durch andere Menschen und er kann es auch durch viele schöne Dinge tun, die uns vor Augen führen, dass das Leben viele schöne Seiten hat, auch wenn wir sie nicht unmittelbar sehen. Dazu gehören z.B. Literatur, Musik, Kunst, Gespräche, Tanz, Symbole, Gesten und vieles mehr.
„… damit wir auch trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott“, heißt es in den Versen im Korintherbrief.
Dabei kommt es gar nicht darauf an, viele Worte zu verlieren oder immer das „richtige Wort“ parat zu haben. Es genügt oft, einfach da zu sein.
Keine Worte finden - müssen… Wenn ich Menschen treffe, die untröstlich sind, fühle ich mich oft ohnmächtig.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Vielleicht ist es aber das Beste, lieber gar nichts zu sagen, sondern einfach da zu sein.
Einfach mal schweigen
Es ist fast 27 Jahre her, dass ich das erste Mal in meinem Leben ein totes Kind in meinen Armen gehalten habe.
Und das Schlimmste daran war, dass es mein eigenes war. Ich hätte niemals gedacht, dass wir als Familie eine solche Situation jemals erleben müssten, und ehrlich gesagt, kann man damit auch nicht rechnen. Der Gedanke daran würde einen verrückt machen.
Ich erinnere mich sehr gut daran, dass wir stunden- wenn nicht sogar tagelang auf unserer Terrasse gesessen haben, und im Familienkreis uns den Schmerz von der Seele geredet haben. Und dann war da dieser eine Mann, den wir aus unserer Gemeinde kannte. Er war von seinem Charakter ohnehin eher ein stiller Typ.
Eines Nachmittags kam er unangemeldet, gab uns stumm die Hand, setzte sich mit uns auf die Terrasse und sagte zwei Stunden lang kein einziges Wort. Das war wirklich tröstlich nach all den vielen Worten. Damals haben wir erlebt, dass es so etwas gibt wie einen „stillen Trost“, eine „schweigsame Solidarität“, ein Trösten ohne Worte. Einfach füreinander da sein. Einfach, da sein!
Getröstet ist, wer Trost erfährt.